Neulich stand ich noch im Halbschlaf mit meinem ersten Kaffee in der Hand an der Wohnungstür, als es klingelte. Mein Nachbar. Sein Auto sei so gar nicht in Stimmung, ob ich ihm „mal kurz etwas Strom rüberreichen“ könnte. Klar – also Starthilfe per Kabel. Macht man schließlich so in der Nachbarschaft, und ich selbst war ja auch schon dankbar für ein rettendes Überbrückungskabel, als meine Batterie im Winter kapituliert hat.
Doch während wir so zum Parkplatz schlurften, dachte ich daran, was Expertin Ann-Christin Mainz vom TÜV Süd immer wieder betont: Moderne Autos sind kleine Elektronik-Wunder – aber auch Mimosen, wenn’s um die Starthilfe geht.
Starthilfe ist nicht gleich Starthilfe
Wenn das Auto an einem frostigen Morgen keinen Ton von sich gibt, will man natürlich helfen. Aber: Falsch überbrückt kann das richtig teuer werden. Mainz empfiehlt, vor dem Klemmen der Kabel einmal kurz ins Handbuch zu schauen. Ja, ich weiß — wer tut das freiwillig? Aber einige Hersteller schließen Starthilfe bei Elektro- oder Hybridautos als Spenderfahrzeug ausdrücklich aus. Und wenn der Motor nach ein paar Versuchen nicht anspringt? Nicht weitermachen! „Dann lieber den Pannendienst rufen“, sagt Mainz. Jeder weitere Versuch kann die empfindliche Elektronik beschädigen.
Warum moderne Autos so empfindlich reagieren
Zwischen Sensoren, Steuergeräten und Assistenzsystemen herrscht ein sensibles Gleichgewicht. Funkt’s beim Anschließen der Kabel, kann das im schlimmsten Fall sogar Datenverlust bedeuten. Die TÜV-Expertin rät deshalb zu hochwertigen Kabeln nach DIN 72553 oder ISO 6722. Von außen sieht jedes Kabel gleich aus – aber ist der Querschnitt zu klein, droht sogar ein Kabelbrand. Muss ja nicht sein, oder?
So geht sichere Starthilfe – Schritt für Schritt und ohne Stress
Hier kommt Mainz’ empfohlene Reihenfolge, übersetzt in Alltagssprache:
- Rotes Pluskabel an den Pluspol des Spenderautos.
- Das andere Ende an den Pluspol des liegengebliebenen Autos.
- Schwarzes Minuskabel an den Minuspol der Spenderbatterie.
- Das andere Ende nicht an den Minuspol, sondern an eine blanke Metallstelle am Motorblock oder der Karosserie des Pannenautos. (Steht auch im Handbuch.)
Dann:
- Spenderauto starten.
- Danach das Pannenauto.
- Wenn nach 10 Sekunden nichts passiert: abbrechen. Werkstattzeit.
Läuft der Motor? Super! Dann im Pannenauto kurz Gebläse oder Heckscheibenheizung einschalten, um Spannungsspitzen abzufangen. Beim Abklemmen gilt die umgekehrte Reihenfolge: Erst schwarz, dann rot.
Nach der Aktion: Batterie checken lassen
Wer wissen will, ob seine eigene Batterie noch fit ist, lässt sie in der Werkstatt messen – Ladezustand, Säuredichte, alles dabei. Pole reinigen und fetten schadet auch nicht. Und wenn die Batterie schon mehrfach komplett leer war, ist es oft Zeit für eine neue.
Wie man einen Batterie-Kollaps vermeidet
Kälte, Kurzstrecke, Alter – klar, all das macht einer Batterie zu schaffen. Aber Mainz verrät noch einen unerwarteten Übeltäter: Bequemlichkeit.
Viele lassen ihr Auto in der Garage einfach unverschlossen stehen. Klingt harmlos, führt aber dazu, dass die Steuergeräte nicht in den Ruhemodus gehen. Die Elektronik denkt dann: „Gleich geht’s bestimmt wieder los!“ — und bleibt wach. Das kostet unnötig Strom.
Also: Auto auch in der Garage abschließen. Die Batterie dankt’s.
Fazit:
Starthilfe ist eine feine Sache — solange man weiß, wie’s richtig geht. Ein bisschen Wissen, ein gutes Kabel und ein Blick ins Handbuch retten nicht nur die Nachbarschaftsharmonie, sondern oft auch die Bordelektronik. Und den ersten Kaffee am Morgen sollte man trotzdem austrinken dürfen. ☕🚗